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Wissenschaft persönlich: Prof. Dr. Sunhild Kleingärtner

Bild von Frau Prof. Dr. Sunhild Kleingärtner auf der Schiffsbrücke im DSM
Frau Prof. Dr. Sunhild Kleingärtner ist Geschäftsführende Direktorin des Deutschen Schifffahrtsmuseums/Leibniz‐Institut für Maritime Geschichte in Bremerhaven, Professorin für Schifffahrtsgeschichte und Maritime Archäologie an der Universität Bremen und Lehrbeauftragte an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg.

© WFB/Jonas Ginter

Bremens Wissenschaft ist exzellent! Und daran haben natürlich die vielen schlauen Köpfe, die sich in den Laboren und den Hörsälen tummeln, erheblichen Anteil. Wer steckt hinter dem Erfolg der Bremer Wissenschaft? In unserer Porträt-Reihe Wissenschaft persönlich stellen sich Wissenschaftler:innen und Wissenschaftskommunikator:innen regelmäßig unseren Fragen und verraten, was sie an ihrer Arbeit lieben und warum der Standort Bremen für sie genau der richtige ist.

Im Juni 2021 stand uns Frau Prof. Dr. Sunhild Kleingärtner Rede und Antwort: Sie ist die Geschäftsführende Direktorin des Deutschen Schifffahrtsmuseums (DSM) / Leibniz‐Institut für Maritime Geschichte in Bremerhaven. Warum sie sich sehr gerne unter Wasser aufhält, mit wem sie gerne einen Tag tauschen möchte und warum sie die Wissenschaftsszene als Platzhirsch sieht, verrät sie uns im Interview hier bei „Wissenschaft persönlich“:

  • Was wären Sie geworden, wenn Sie nicht Wissenschaftlerin geworden wären?

Als Kind war ich mit meinem Vater und meiner Schwester oft im Wald und im Zoo; deshalb wollte ich lange Zeit Tierärztin werden. Als Jugendliche habe ich mir Kleidung selbst geschneidert und fand es zunehmend spannend, wer was trägt und hätte mir vorstellen können, Schneiderin zu werden und ein Modeatelier zu haben.

  • Wann finden Sie Ihren Job klasse? Welche Momente sorgen für Begeisterung?

Wenn wir im Team etwas Neues gemeinsam schaffen, finde ich meinen Job klasse. Das war zuletzt im vergangenen Jahr der Fall, als wir die Ausstellung „KOGGE trifft PLAYMOBIL“ gezeigt haben, in der wir die Geschichte der Bergung und Erforschung eines Schiffswracks aus dem 14. Jahrhundert mit Hilfe von kleinen Kunststofffigürchen in unserer Ausstellung erzählten. Die Begeisterung der Besucher:innen war wirklich ansteckend.

  • Stellen Sie sich vor, Sie hätten auf dem Freimarkt einen Stand und müssten nun den Besuchern erklären, an was Sie gerade arbeiten – wie sähe Ihr Stand aus?

Der ganze Stand wäre ein Schiff namens DSM mit vielen unterschiedlichen Personen an Bord, darunter diejenigen, die für den Betrieb des Schiffes verantwortlich und für das Wohlergehen der Gäste zuständig sind. Mit neuen Vermittlungsansätzen denken wir uns gemeinsam neue Ideen aus, um die Menschen für das Thema „Mensch & Meer“ zu begeistern und sich die Frage zu stellen: Wie wollen wir morgen leben?

  • Welche gesellschaftliche Bedeutung hat Ihre Arbeit und worin besteht der Nutzen?

Im DSM kommunizieren wir die Bedeutung von Schiffen für den Alltag, die Entwicklung unserer Welt und die Zukunft unseres Planeten. Wir bieten Menschen die Möglichkeit, ihre Vergangenheit kennenzulernen, sich selbst in der Gegenwart zu verorten, um die Zukunft nachhaltig und verantwortungsvoll zu gestalten.

  • Wann sprechen Sie bei Ihrer Arbeit von Fortschritt? Oder anders gefragt: Womit retten Sie die Welt?

Die Seeschifffahrt ist ein weltumspannendes Thema. Alles hängt von allem ab. Ich arbeite mit meinem Team daran, die Bedeutung der Schifffahrt für unser Leben und unseren Wohlstand zu kommunizieren. Ich freue mich, wenn es gelingt, den Menschen bewusst zu machen, wie sehr wir alle vom Meer abhängig sind und dass es dieses daher zu schützen gilt.

  • Verraten sie uns Ihr liebstes Arbeitsinstrument oder Ihre wichtigste Forschungsmethode?

Extremraum mit ganz eigenen Gesetzen und ungewöhnlichen Eindrücken. Mit Tauchgerät und Zeichenmaterial schwerelos über dem Untersuchungsobjekt zu schweben, ist einfach auf‐ und anregend.

  • Wann und warum führte Sie Ihr Weg nach Bremerhaven? Und woher kamen Sie?

Mein beruflicher Weg begann in Kiel, führte mich über Mecklenburg‐Vorpommern und Baden‐Württemberg nach Niedersachsen und von dort aus 2013 nach Bremerhaven. In Wilhelmshaven leitete ich als Archäologin ein Forschungsprojekt am Niedersächsischen Institut für Historische Küstenforschung zur Kartierung von ehemaligen Siedlungsstellen, die heute im Wattenmeer liegen und nur noch durch Untersuchungen sowie Luftbildaufnahmen und geologische Untergrundbestimmungen erfasst werden können; darunter waren auch Schiffswracks.

  • Was schätzen Sie am Land Bremen als Wissenschaftsstandort? Was hält Sie hier?

Die hohe Dichte an Forschungsinstituten ist beeindruckend; hier habe ich viele tolle und sehr unterstützende Kolleginnen und Kollegen kennen und schätzen gelernt.

  • Fehlt Ihnen etwas?

In Corona‐Zeiten fehlt mir das Ungeplante, die zufälligen Begegnungen, alles, was man erlebt, wenn man mit Menschen in unterschiedlichen Situationen und Konstellationen zusammen ist.

  • Die Wege in Bremen und Bremerhaven sind bekanntlich kurz. Wie bewegen Sie sich durch die Stadt?

Zu Fuß oder mit dem Auto – abhängig davon, welches Ziel zu erreichen und was und wer dabei zu transportieren ist.

  • Wenn Sie die Wissenschaftsszene im Land Bremen mit einem Tier vergleichen sollten, welches würden Sie wählen und warum?

Bremen weist eine enorm hohe Dichte an Wissenschaftseinrichtungen auf. Im positiven Sinne erinnert dies an einen Platzhirsch, um die etablierte und führende Marktstellung von Wissenschaft gegenüber anderen gesellschaftlichen Interessen zu beschreiben. Und das ist gut so.

  • Was war die größte Herausforderung Ihrer wissenschaftlichen/beruflichen Laufbahn, die Sie zu meistern hatten?

Die Evaluierung des DSM im Jahr 2014 durch die Leibniz‐Gemeinschaft, da die Neuaufstellung des Hauses damals erst begonnen hatte und der mit dem Generationenwechsel einhergehende Kulturwandel noch nicht eingeleitet war.

  • Welche stehen Ihnen noch bevor?

Who knows…

  • Haben Sie eine persönliche Erfolgsformel?

Zutrauen in sich und in andere setzen.

  • Aus welchem Scheitern haben Sie am meisten gelernt?

Der Untergang des Restaurantschiffs Seute Deern hat meinen Blick dafür geschärft, wie sehr mein Handeln als Museumsmanagerin von politischen Rahmenbedingungen geprägt wird. Ich rede heute offensiver über den Zusammenhang zwischen Kultur, Politik und Geld als früher. Kein Objekt restauriert und erhält sich von selbst, nur weil es in den Bestand eines Museums gelangt und mit den Label Kulturgut versehen wird. Eine Gesellschaft muss sich folglich immer wieder aufs Neue darauf verständigen, welche Dinge sie erhalten möchte und wieviel ihr dies wert ist. Museen, Politik und Gesellschaft haben folglich eine gemeinsame Verantwortung für den Umgang mit Kulturgut. Das klingt selbstverständlich, und doch habe ich gelernt, wie wichtig es ist, hieran immer wieder zu erinnern.

  • Wobei oder wodurch wird Ihr Kopf wieder frei?

Beim Stand‐Up‐Paddling und Gärtnern, weil Wasser und Pflanzen für mich Lebenselixier bedeuten.

  • Der/Die nächste Nachwuchswissenschaftler/in zieht nach Bremerhaven. Was würden Sie ihm/ihr raten, wo er/sie wohnen und abends weggehen soll?

Wohnen in Bremerhaven‐Lehe bedeutet, ein historisches Viertel mit gründerzeitlicher Bausubstanz in seiner Weiterentwicklung mitzuprägen und zu beleben. Dabei ist ein abendlicher Drink am Deich mit Blick auf die Außenweser und unter Freunden und Kommiliton:innen sicherlich ein Bremerhaven‐spezifisches Highlight.

  • Mit wem würden Sie ihn/sie hier in Bremen oder Bremerhaven bekannt machen wollen?

Mit Antje Boetius, die als Mensch mit sozialer Orientierung, als Wissenschaftlerin mit dem Wissen um wissenschaftliche Karriereverläufe und als Chefin des Alfred‐Wegener‐Instituts um die Nöte, Sorgen und Wünsche von Nachwuchswissenschaftler:innen weiß und sicherlich auch Spaß daran hat, auf junge Menschen zuzugehen.

  • Wenn Sie einen Tag lang Ihr Leben mit einer/m Bremer/in oder Bremerhavener/in tauschen könnten, wessen Leben würden Sie wählen?

Mit Willi Rickmer Rickmers (1873‐1965), der als Bergsteiger und Forschungsreisender ein aufregendes Leben geführt haben muss. Nicht zuletzt hat er den Ararat bestiegen, was ich auch gern einmal machen würde.

Portrait von Prof. Dr. Sunhild Kleingärtner

Portraitfoto von Frau Prof. Dr. Sunhild Kleingärtner im DSM

© WFB/Jonas Ginter

Geburtsjahr

1974

Fachbereich / Forschungsfeld

Professorin für Schifffahrtsgeschichte und Maritime Archäologie und Museumsmanagerin

Aktuelle Position / Funktion

Geschäftsführende Direktorin des Deutschen Schifffahrtsmuseums/Leibniz‐Institut für Maritime Geschichte

Aktuelle Tätigkeit / aktuelles Forschungsprojekt

Archäologin, Forschungstaucherin und Museumsmanagerin des Integrierten Leibniz‐Forschungsmuseums Deutsches Schifffahrtsmuseum (DSM)/Leibniz‐Institut für Maritime Geschichte mit dem 2013 erteilten Auftrag zur Neuausrichtung des DSM

Familienstand

In fester Partnerschaft lebend

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