© WFB/Jonas Ginter
Bremens Wissenschaft ist exzellent! Und daran haben natürlich die vielen schlauen Köpfe, die sich in den Laboren und den Hörsälen tummeln, erheblichen Anteil. Wer steckt hinter dem Erfolg der Bremer Wissenschaft? In unserer Porträt-Reihe Wissenschaft persönlich stellen sich Wissenschaftler:innen und Wissenschaftskommunikator:innen regelmäßig unseren Fragen – und verraten, was sie an ihrer Arbeit lieben und warum der Standort Bremen für sie genau der richtige ist.
Im Juni 2021 stand uns Frau Prof. Dr. Sunhild Kleingärtner Rede und Antwort: Sie ist die Geschäftsführende Direktorin des Deutschen Schifffahrtsmuseums (DSM) / Leibniz‐Institut für Maritime Geschichte in Bremerhaven. Warum sie sich sehr gerne unter Wasser aufhält, mit wem sie gerne einen Tag tauschen möchte und warum sie die Wissenschaftsszene als Platzhirsch sieht, verrät sie uns im Interview hier bei „Wissenschaft persönlich“:
Als Kind war ich mit meinem Vater und meiner Schwester oft im Wald und im Zoo; deshalb wollte ich lange Zeit Tierärztin werden. Als Jugendliche habe ich mir Kleidung selbst geschneidert und fand es zunehmend spannend, wer was trägt und hätte mir vorstellen können, Schneiderin zu werden und ein Modeatelier zu haben.
Wenn wir im Team etwas Neues gemeinsam schaffen, finde ich meinen Job klasse. Das war zuletzt im vergangenen Jahr der Fall, als wir die Ausstellung „KOGGE trifft PLAYMOBIL“ gezeigt haben, in der wir die Geschichte der Bergung und Erforschung eines Schiffswracks aus dem 14. Jahrhundert mit Hilfe von kleinen Kunststofffigürchen in unserer Ausstellung erzählten. Die Begeisterung der Besucher:innen war wirklich ansteckend.
Der ganze Stand wäre ein Schiff namens DSM mit vielen unterschiedlichen Personen an Bord, darunter diejenigen, die für den Betrieb des Schiffes verantwortlich und für das Wohlergehen der Gäste zuständig sind. Mit neuen Vermittlungsansätzen denken wir uns gemeinsam neue Ideen aus, um die Menschen für das Thema „Mensch & Meer“ zu begeistern und sich die Frage zu stellen: Wie wollen wir morgen leben?
Im DSM kommunizieren wir die Bedeutung von Schiffen für den Alltag, die Entwicklung unserer Welt und die Zukunft unseres Planeten. Wir bieten Menschen die Möglichkeit, ihre Vergangenheit kennenzulernen, sich selbst in der Gegenwart zu verorten, um die Zukunft nachhaltig und verantwortungsvoll zu gestalten.
Die Seeschifffahrt ist ein weltumspannendes Thema. Alles hängt von allem ab. Ich arbeite mit meinem Team daran, die Bedeutung der Schifffahrt für unser Leben und unseren Wohlstand zu kommunizieren. Ich freue mich, wenn es gelingt, den Menschen bewusst zu machen, wie sehr wir alle vom Meer abhängig sind und dass es dieses daher zu schützen gilt.
Extremraum mit ganz eigenen Gesetzen und ungewöhnlichen Eindrücken. Mit Tauchgerät und Zeichenmaterial schwerelos über dem Untersuchungsobjekt zu schweben, ist einfach auf‐ und anregend.
Mein beruflicher Weg begann in Kiel, führte mich über Mecklenburg‐Vorpommern und Baden‐Württemberg nach Niedersachsen und von dort aus 2013 nach Bremerhaven. In Wilhelmshaven leitete ich als Archäologin ein Forschungsprojekt am Niedersächsischen Institut für Historische Küstenforschung zur Kartierung von ehemaligen Siedlungsstellen, die heute im Wattenmeer liegen und nur noch durch Untersuchungen sowie Luftbildaufnahmen und geologische Untergrundbestimmungen erfasst werden können; darunter waren auch Schiffswracks.
Die hohe Dichte an Forschungsinstituten ist beeindruckend; hier habe ich viele tolle und sehr unterstützende Kolleginnen und Kollegen kennen und schätzen gelernt.
In Corona‐Zeiten fehlt mir das Ungeplante, die zufälligen Begegnungen, alles, was man erlebt, wenn man mit Menschen in unterschiedlichen Situationen und Konstellationen zusammen ist.
Zu Fuß oder mit dem Auto – abhängig davon, welches Ziel zu erreichen und was und wer dabei zu transportieren ist.
Bremen weist eine enorm hohe Dichte an Wissenschaftseinrichtungen auf. Im positiven Sinne erinnert dies an einen Platzhirsch, um die etablierte und führende Marktstellung von Wissenschaft gegenüber anderen gesellschaftlichen Interessen zu beschreiben. Und das ist gut so.
Die Evaluierung des DSM im Jahr 2014 durch die Leibniz‐Gemeinschaft, da die Neuaufstellung des Hauses damals erst begonnen hatte und der mit dem Generationenwechsel einhergehende Kulturwandel noch nicht eingeleitet war.
Who knows…
Zutrauen in sich und in andere setzen.
Der Untergang des Restaurantschiffs Seute Deern hat meinen Blick dafür geschärft, wie sehr mein Handeln als Museumsmanagerin von politischen Rahmenbedingungen geprägt wird. Ich rede heute offensiver über den Zusammenhang zwischen Kultur, Politik und Geld als früher. Kein Objekt restauriert und erhält sich von selbst, nur weil es in den Bestand eines Museums gelangt und mit den Label Kulturgut versehen wird. Eine Gesellschaft muss sich folglich immer wieder aufs Neue darauf verständigen, welche Dinge sie erhalten möchte und wieviel ihr dies wert ist. Museen, Politik und Gesellschaft haben folglich eine gemeinsame Verantwortung für den Umgang mit Kulturgut. Das klingt selbstverständlich, und doch habe ich gelernt, wie wichtig es ist, hieran immer wieder zu erinnern.
Beim Stand‐Up‐Paddling und Gärtnern, weil Wasser und Pflanzen für mich Lebenselixier bedeuten.
Wohnen in Bremerhaven‐Lehe bedeutet, ein historisches Viertel mit gründerzeitlicher Bausubstanz in seiner Weiterentwicklung mitzuprägen und zu beleben. Dabei ist ein abendlicher Drink am Deich mit Blick auf die Außenweser und unter Freunden und Kommiliton:innen sicherlich ein Bremerhaven‐spezifisches Highlight.
Mit Antje Boetius, die als Mensch mit sozialer Orientierung, als Wissenschaftlerin mit dem Wissen um wissenschaftliche Karriereverläufe und als Chefin des Alfred‐Wegener‐Instituts um die Nöte, Sorgen und Wünsche von Nachwuchswissenschaftler:innen weiß und sicherlich auch Spaß daran hat, auf junge Menschen zuzugehen.
Mit Willi Rickmer Rickmers (1873‐1965), der als Bergsteiger und Forschungsreisender ein aufregendes Leben geführt haben muss. Nicht zuletzt hat er den Ararat bestiegen, was ich auch gern einmal machen würde.
© WFB/Jonas Ginter
Geburtsjahr
1974
Fachbereich / Forschungsfeld
Professorin für Schifffahrtsgeschichte und Maritime Archäologie und Museumsmanagerin
Aktuelle Position / Funktion
Geschäftsführende Direktorin des Deutschen Schifffahrtsmuseums/Leibniz‐Institut für Maritime Geschichte
Aktuelle Tätigkeit / aktuelles Forschungsprojekt
Archäologin, Forschungstaucherin und Museumsmanagerin des Integrierten Leibniz‐Forschungsmuseums Deutsches Schifffahrtsmuseum (DSM)/Leibniz‐Institut für Maritime Geschichte mit dem 2013 erteilten Auftrag zur Neuausrichtung des DSM
Familienstand
In fester Partnerschaft lebend
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