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Wissenschaft Persönlich: Prof. Dr. Ingrid Darmann-Finck

Prof. Dr. Ingrid Darmann-Finck
Die gebürtige Bremerin ist Professorin im Studiengang Pflegewissenschaft an der Universität Bremen und spricht im Interview über Auswirkungen ihres Berufs, den Standort Bremen, Konzepte für den sogenannten "Qualifikationsmix" und mehr!

© WFB/Ginter

Bremens Wissenschaft ist exzellent! Und daran haben natürlich die vielen schlauen Köpfe, die sich in den Laboren und den Hörsälen tummeln, erheblichen Anteil. Wer steckt hinter dem Erfolg der Bremer Wissenschaft? In unserer Porträt-Reihe Wissenschaft persönlich stellen sich Wissenschaftler:innen und Wissenschaftskommunikator:innen regelmäßig unseren Fragen und verraten, was sie an ihrer Arbeit lieben und warum der Standort Bremen für sie genau der richtige ist.

Im September 2019 stand uns Prof. Dr. Ingrid Darmann-Finck Rede und Antwort. Was sie an ihrem Job begeistert, was Simulations-Apps auf dem Freimarkt zu suchen haben und wie wichtig die Verbesserungen von Plegeausbildungen sind, verrät die Professorin an der Universität Bremen im Interview.

  • Was wären Sie geworden, wenn Sie nicht Wissenschaftler/in bzw. Wissenschaftskommunikator/in geworden wären?
    Vermutlich wäre ich Lehrerin geworden. Ich hatte nach dem Abitur aber auch überlegt, Jura zu studieren. Tatsächlich habe ich dann eine Pflegeausbildung absolviert.
  • Wann finden Sie Ihren Job klasse? Welche Momente sorgen für Begeisterung?
    Es begeistert mich, wenn ich von Pflegebildungseinrichtungen die Rückmeldung erhalte, dass sie mit den Konzepten, die wir in meiner Abteilung entwickeln, gut arbeiten können und dass sie einen Zugewinn an Ausbildungsqualität feststellen. Außerdem ist es für mich hochbefriedigend, dass die Ergebnisse meiner Arbeit in die Konzeption von Gesetzen und Richtlinien auf Landes- und Bundesebene eingehen. Ich hatte die Gelegenheit, die zuständigen Bundesministerien bei der Konzeption der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe, die ab 2020 in Kraft tritt, zu beraten und war als stellvertretende Vorsitzende der Fachkommission nach Pflegeberufegesetz maßgeblich an der Entwicklung von empfehlenden Rahmenplänen für die Pflegeausbildung beteiligt. Diese Ordnungsmittel und Empfehlungen sind für die ca. 1.500 Pflegeschulen in der Bundesrepublik maßgeblich. Einen viel höheren Grad an Wirksamkeit kann ich mir kaum vorstellen und das stellt mich sehr zufrieden.
  • Stellen Sie sich vor, Sie hätten auf dem Freimarkt einen Stand und müssten nun den Besuchern erklären, an was Sie gerade arbeiten – wie sähe Ihr Stand aus?
    Dass gut ausgebildetes Pflegepersonal wichtig ist, muss den Besuchern sicherlich nicht erklärt werden. Exemplarisch könnte verdeutlicht werden, was werdende Pflegefachpersonen eigentlich lernen müssen, indem die Besucher*innen eingeladen werden, im Rollenspiel eine schwierige Kommunikationssituation mit einem chronisch kranken Menschen oder einem Menschen mit Demenz zu simulieren. Daran anschließend könnten die mich interessierenden Forschungsfragen abgeleitet werden: Welche Qualifikationen benötigen Pflegende in diesen Situationen? Wie können diese gefördert werden? Welche Evidenzen gibt es dazu bereits? Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Besucher*innen in die digitale Lernumgebung CAre Reflection Online (CARO) einzuladen, die in meiner Abteilung in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsbereich Mediendidaktik der Universität Bremen entwickelt wurde. Die Besucher*innen könnten mit ihren Smartphones die Rolle von Pflegelernenden übernehmen und über die CARO App Arbeitsaufträge erhalten und bearbeiten und miterleben, wie die Arbeitsergebnisse im Anschluss zum Beispiel auf dem Smartboard visualisiert und gemeinsam besprochen werden.
  • Welche gesellschaftliche Bedeutung hat Ihre Arbeit und worin besteht der Nutzen?
    Angesichts einer zunehmend alternden Gesellschaft und eines steigenden Anteils an Menschen, die der Pflege bedürfen, ist meine Arbeit hoch relevant. Mein Team und ich tragen dazu bei, die Pflegeausbildung zu verbessern. Gut ausgebildete Pflegekräfte stellen eine pflegerische Versorgung auf hohem Niveau sicher. Und Pflege werden wir alle früher oder später benötigen.
  • Wann sprechen Sie bei Ihrer Arbeit von Fortschritt? Oder anders gefragt: Womit retten Sie die Welt?
    In meiner Abteilung am Institut für Public Health und Pflegeforschung werden in Zusammenarbeit mit Pflegebildungseinrichtungen innovative, wissenschaftlich fundierte Konzepte für die Gestaltung der Pflegeausbildung entwickelt und evaluiert. Wenn diese Konzepte von den Pflegebildungseinrichtungen erfolgreich genutzt werden, ist das für mich ein Fortschritt. Ein weiterer derzeit wichtiger Schwerpunkt besteht in der Entwicklung von Konzepten für den sogenannten "Qualifikationsmix". Pflegende unterschiedlicher Qualifikationsniveaus sollen genau die Aufgaben und beruflichen Anforderungen erhalten, die ihren Qualifikationen entsprechen.
  • Verraten sie uns Ihr liebstes Arbeitsinstrument oder Ihre wichtigste Forschungsmethode?
    Ich arbeite vornehmlich mit qualitativen Forschungsansätzen und Erhebungsmethoden, das heißt mit qualitativen Interviews und Beobachtungen, die zum Beispiel videographisch aufgezeichnet werden. Didaktische Konzepte entstehen in meiner Abteilung in enger Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen an den Pflegeschulen.
  • Wann und warum führte Sie Ihr Weg nach Bremen? Und woher kamen Sie?
    Ich bin in Bremen geboren und im Umkreis von Bremen aufgewachsen. Dass ich nach einer beruflichen Pflegeausbildung in Schleswig-Holstein und dem Studium und der Promotion in Hamburg nach Bremen zurückgekommen bin, hängt damit zusammen, dass Bremen bereits in den 1990er Jahren einen Lehramtsstudiengang in der Fachrichtung Pflege analog zur Lehrer*innenausbildung in anderen beruflichen Fachrichtungen etabliert hat und es hier für mich eine attraktive Stelle gab.
  • Was schätzen Sie am Land Bremen als Wissenschaftsstandort? Was hält Sie hier?
    Nur wenige Universitäten bieten in Deutschland überhaupt pflegewissenschaftliche Studiengänge bzw. Lehramtsstudiengänge in der Fachrichtung Pflege an. Ähnliche Lehramtsstudiengänge existieren in der Bundesrepublik gegenwärtig an sechs Studienstandorten. Neben den pflegewissenschaftlichen Studiengängen an der Universität gibt es in Bremen außerdem einen primärqualifizierenden Studiengang an der Hochschule Bremen, die beiden Hochschulen haben ihre Studienprogramme aufeinander abgestimmt. Innerhalb der Universität arbeiten die Pflegewissenschaftler*innen eng mit den Kolleg*innen aus den Gesundheitswissenschaften zusammen. Dies alles sind Vorteile des Wissenschaftsstandorts Bremen. Innerhalb der Universität arbeiten die Pflegewissenschaftler*innen im Wissenschaftsschwerpunkt "Gesundheitswissenschaften" eng mit den Kolleg*innen aus den Gesundheitswissenschaften zusammen.
  • Fehlt Ihnen etwas?
    Wenn ich mit Kolleg*innen aus anderen Hochschulen spreche, habe ich den Eindruck, dass die finanzielle und damit auch die personelle und materielle Ausstattung dort deutlich besser ist als hier.
  • Die Wege in Bremen und Bremerhaven sind bekanntlich kurz. Wie bewegen Sie sich durch die Stadt?
    Ich fahre mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
  • Wenn Sie die Wissenschaftsszene im Land Bremen mit einem Tier vergleichen sollten, welches würden Sie wählen und warum?
    Da lässt sich sicherlich das ganze Tierreich durchdeklinieren.
  • Was war die größte Herausforderung Ihrer wissenschaftlichen/beruflichen Laufbahn, die Sie zu meistern hatten?
    Meines Erachtens liegen die Herausforderungen weniger in der wissenschaftlichen Arbeit an sich. Die größte Herausforderung stellt die Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen dar. Eine weitere Herausforderung besteht in der Herstellung der work-life-balance.
  • Welche stehen Ihnen noch bevor?
    Als Privatperson beschäftigt es mich sehr, dass bislang sowohl von politischer Seite als auch von jedem und jeder Einzelnen zu wenig unternommen wird, um dem Klimawandel entgegenzuwirken.
  • Haben Sie eine persönliche Erfolgsformel?
    Nicht aufgeben, immer wieder nach neuen Lösungen suchen.
  • Aus welchem Scheitern haben Sie am meisten gelernt?
    Ein tiefgreifendes Scheitern habe ich nicht erfahren. Ich lerne aus nahezu jeder Erfahrung.
  • Wobei oder wodurch wird Ihr Kopf wieder frei?
    Mein Kopf wird frei, wenn ich mit meiner Familie oder guten Freundinnen und Freunden zusammen bin oder bei Aktivitäten in der Natur (Wandern, Radfahren, Kanufahren).
  • Der/Die nächste Nachwuchswissenschaftler/in zieht nach Bremen. Was würden Sie ihm/ihr raten, wo er/sie wohnen und abends weggehen soll?
    Ich würde ihr oder ihm raten, sich zunächst in Innenstadtnähe eine Wohnung zu suchen. Für abendliche Aktivitäten würde ich das Theater Bremen, den Sendesaal Bremen, die Glocke und die Bremer Musikfestivals empfehlen, allerdings würde ich solche Tipps nur geben, wenn ich den Eindruck hätte, dass die Person an solchen kulturellen Angeboten Interesse hat.
  • Mit wem würden Sie ihn/sie hier in Bremen oder Bremerhaven bekannt machen wollen?
    Die Pflegeszene in Bremen ist gut überschaubar, jede/r kennt jede/n. In diesen Kreis würde ich die Kollegin / den Kollegen einführen.
  • Wenn Sie einen Tag lang Ihr Leben mit einer/m Bremer/in oder Bremerhavener/in tauschen könnten, wessen Leben würden Sie wählen?
    Mir fällt keine bestimmte Person ein. Grundsätzlich würde ich gerne mal erproben, wie es sich anfühlt, eine Vollzeit-Berufstätigkeit auszuüben und nur 40 Std. wöchentlich zu arbeiten.
Prof. Dr. Ingrid Darmann-Finck

© WFB/Ginter

Steckbrief: Prof. Dr. Ingrid Darmann-Finck

Fachbereich / Forschungsfeld
Pflegebildungsforschung

Aktuelle Position / Funktion
Hochschullehrerin / Professorin an der Universität Bremen

Aktuelle Tätigkeit / aktuelles Forschungsprojekt
Professorin im Studiengang Pflegewissenschaft an der Universität Bremen, vor allem verantwortlich für die lehrerbildenden Studiengänge in der Fachrichtung Pflege; Forschungsprojekte zu den Themen Curriculumentwicklung, digital unterstütztes Lernen in der Pflegeaus-, -fort- und -weiterbildung, Weiterentwicklung der Pflegedidaktik

Geburtsjahr
1964

Familienstand
verheiratet, 1 Tochter

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