Im November 2018 stand uns Andreas Vogel, Leiter des Olbers-Planetariums Bremen, Rede und Antwort. Warum er jedes Mal begeistert ist, wenn seine eigene Leidenschaft für die Welt der Raumfahrt auf das Publikum überspringt - besonders wenn er Kinder für Wissenschaft und Technik begeistern kann - und welche Rolle der Sternenhimmel in seinem Leben spielt oder warum er die Wissenschaftsszene im Land Bremen mit einem Fuchs vergleicht, erfahren Sie in diesem Interview.
- Was wären Sie geworden, wenn Sie nicht Wissenschaftler/Raumfahrtexperte geworden wären?
Die Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Pilot oder Nautiker hätten mich vielleicht interessiert. Wobei ich mich auch sehr für Politik interessiere – vielleicht wäre ich dann dort aktiv geworden…
- Wann finden Sie Ihren Job klasse? Welche Momente sorgen für Begeisterung?
Immer dann, wenn meine eigene Begeisterung für das Thema auf das Publikum überspringt. Besonders wenn man Kinder für Wissenschaft und Technik begeistern kann, sind das immer besondere Momente unter dem Sternenhimmel. - Stellen Sie sich vor, Sie hätten auf dem Freimarkt einen Stand und müssten nun den Besuchern erklären, an was Sie gerade arbeiten – wie sähe Ihr Stand aus?
Es gäbe auf jeden Fall einen Sternenhimmel zu bewundern. Gerade der Freimarkt sorgt ja dafür, dass man noch weniger Sterne als sonst in Bremen sehen kann. Wir wissen heute, dass die massive Zunahme an Lichtverschmutzung große Auswirkungen auf die Natur und Menschen haben – darüber könnte man aufklären und zugleich die Schönheit eines natürlich dunklen Himmels zeigen.
- Welche gesellschaftliche Bedeutung hat Ihre Arbeit und worin besteht der Nutzen?
Wir begeistern im Planetarium Jung und Alt für die Wissenschaft. Deutschland besitzt nur wenige natürliche Ressourcen – aber ist technologisch immer noch an der Weltspitze. Um das zu erhalten müssen wir Menschen für die Wissenschaft begeistern – gerade am Raumfahrtstandort Bremen. Außerdem sieht man immer mehr wissenschaftsskeptische Strömungen. Wissenschaftliche Fakten werden 400 Jahre nach der Aufklärung plötzlich als "Meinung" abgetan – auch dem entgegen zu wirken ist die Aufgabe des Planetariums.
- Wann sprechen Sie bei Ihrer Arbeit von Fortschritt? Oder anders gefragt: Womit retten Sie die Welt?
Meine Kollegen und ich versuchen die Erde als das darzustellen was sie ist: Eine kleine, sehr zerbrechliche Welt mit begrenzten Ressourcen. Es gibt keine zweite Erde – wir müssen diesen Planeten auf jeden Fall erhalten, falls wir der Menschheit auch in Zukunft ein würdiges Leben ermöglichen wollen. Und die Erkenntnisse der Raumfahrt können dabei helfen globale Probleme früh genug zu erkennen. Handeln müssen wir allerdings dann hier unten.
- Verraten sie uns Ihr liebstes Arbeitsinstrument oder Ihre wichtigste Forschungsmethode?
Das ist auf jeden Fall unser Zentralprojektor. Sobald es im Planetarium dunkel wird und wir die Sterne erstrahlen lassen sind alle begeistert und sehen die Welt hinterher vielleicht mit ein klein wenig anderen Augen.
- Wann und warum führte Sie Ihr Weg nach Bremen? Und woher kamen Sie?
Ich bin tatsächlich gebürtiger Bremer – und obwohl ich sehr gerne reise und schon in Grönland und der Antarktis war, bin ich unserer Stadt immer verbunden geblieben.
- Was schätzen Sie am Wissenschafts- und Raumfahrtstandort Bremen? Was hält Sie hier?
Bremen ist einer der wichtigsten Raumfahrtstandorte in Deutschland. Darauf kann man als Bremer stolz sein. Ich würde gerne das Planetarium modernisieren – und am liebsten vergrößern, um auch der Öffentlichkeit noch besser zeigen zu können, was in Bremen in Sachen Raumfahrt und Wissenschaft alles passiert.
- Fehlt Ihnen etwas?
Ich fände es stände Bremen gut zu Gesicht, wenn man mehr zeigt was in Bremen in Sachen Raumfahrt alles passiert. Ich träume ja von einer kleinen, raumfahrtbezogenen Ausstellung samt modernem Planetarium – vielleicht in der "Umgedrehten Kommode" für die Zukunft? Dort könnte man auch noch mehr Schüler für MINT-Fächer begeistern. - Die Wege in Bremen sind bekanntlich kurz. Wie bewegen Sie sich durch die Stadt?
Innerhalb der Stadt üblicherweise mit meinem Dienstrad – oder wenn ich etwas Zeit habe auch gerne zu Fuß.
- Wenn Sie die Wissenschaftsszene im Land Bremen mit einem Tier vergleichen sollten, welches würden Sie wählen und warum?
Vielleicht mit einem Fuchs? Die gelten ja in Fabeln immer als sehr schlau – und man nimmt sie nicht immer wahr. Bremen könnte noch mehr Werbung als Wissenschaftsstandort machen – trotz der bekannten hanseatischen Bescheidenheit.
- Was war die größte Herausforderung Ihrer wissenschaftlichen/beruflichen Laufbahn, die Sie zu meistern hatten?
Das war zweifelsohne die Erhaltung des Planetariums in Bremen. Letztes Jahr stand das Planetarium kurz vor der Schließung. Zum Glück konnte dieses mit Hilfe der Bürgerschaft abgewendet werden.
- Welche stehen Ihnen noch bevor?
Ich möchte das Planetarium auf jeden Fall mit moderner Fulldome-Technik ergänzen – am liebsten auch vergrößern. Das ist in einem Konsolidierungsland wie Bremen natürlich nicht einfach – aber ich bin da optimistisch, dass Bremen auch in Zukunft eine wichtige Rolle in der Planetariumslandschaft spielen wird.
- Haben Sie eine persönliche Erfolgsformel?
Nein, zumindest keine, die mir bewusst ist. Außer vielleicht immer nach einer Lösung zu suchen, wenn etwas einmal nicht funktioniert. - Aus welchem Scheitern haben Sie am meisten gelernt?
Das ist schwierig – ich suche eigentlich immer nach einer Lösung, insofern ist ein Scheitern ja nur die Chance etwas anderes auszuprobieren.
- Wobei oder wodurch wird Ihr Kopf wieder frei?
Tatsächlich am besten, wenn ich an einem klaren Abend in die Sterne schaue – da wird so manches irdische Problem plötzlich sehr klein.
- Der/Die nächste Nachwuchswissenschaftler/in zieht nach Bremen. Was würden Sie ihm/ihr raten, wo er/sie wohnen und abends weggehen soll?
Bremen hat so viele schöne Ecken – auf jeden Fall sollte er sich die Innenstadt und den Schnoor auch mal im Dunkeln anschauen. Ich finde die Atmosphäre da immer besonders schön.
- Mit wem würden Sie ihn/sie hier in Bremen bekannt machen wollen?
Bremen hat so viele interessante und tolle Menschen – da weiß ich gar nicht, wo ich anfangen sollte.
- Wenn Sie einen Tag lang Ihr Leben mit einem Bremer oder einer Bremerin tauschen könnten, wessen Leben würden Sie wählen?
Wenn es keine aktuell lebende Person sein muss mit Wilhelm Olbers, dem Namenspatron des Planetariums – das war sicher eine spannende Zeit, weil man noch mit recht einfachen Mitteln große Entdeckungen machen konnte.