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Experten der ArianeGroup beantworteten Ihre Fragen zum Thema Raketen. Alle weiteren Monatsthemen finden Sie auf einen Blick in unserer Rubrik Fragen? Experten antworten!
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Die Besonderheit einer Rakete liegt erst einmal in ihrem Antrieb: Im Gegensatz zu Flugzeug-Antrieben funktioniert er auch im Vakuum. Flugzeug-Turbinen brauchen Luft, die angesaugt, verdichtet und erhitzt wieder ausgestoßen wird, um den nötigen Schub zu erzeugen. Im luftleeren Weltraum ist dieser Antrieb natürlich nutzlos: Dort ist nichts, das die Turbinen einsaugen könnten. Eine Rakete muss jeglichen Treibstoff also selbst mitbringen.
Raketen lassen sich auch darüber definieren, wie sie eigentlich "vorwärts" kommen: Es sind die Abgase, welche die Rakete vorwärts schieben - anders als bei einem Auto, für das sie nur Abfallprodukt sind. Die Grundlage dafür hat schon Isaac Newton beschrieben: Um eine Masse auf eine hohe Geschwindigkeit zu beschleunigen, bedarf es einer großen Kraft. Je schwerer die Masse und je schneller die Beschleunigung, umso größer muss diese Kraft sein. Der Raketenantrieb braucht also auch eine enorme Kraft, die es vorwärts schiebt - den Schub. Den bekommt sie durch den Rückstoß ausströmender Gase.
Der Countdown dient vor allem dazu, die Hauptstufe, und – wenn vorhanden – die ESC-A-Oberstufe mit flüssigem Sauerstoff und Wasserstoff zu betanken. Außerdem werden alle wichtigen Systeme getestet. Wenn der Countdown nun bei "Null" ankommt, zündet das Triebwerk der Hauptstufe bei der Ariane 5 beispielsweise Vulcain. Wenn es seine volle Schubkraft erreicht hat und vom Computersystem überprüft wurde, zünden die Feststoffbooster: Die Rakete hebt ab.
Im Gegensatz zu Flugzeugen haben wir es bei Raketenflügen mit sehr hohen Geschwindigkeiten und somit auch mit einem sehr hohen, fast unüberwindlichen Luftwiderstand zu tun. Deshalb startet eine Rakete meist senkrecht, denn es gilt trotz der geringen Geschwindigkeit in dieser Flugphase die dichteren Schichten der Atmosphäre so schnell wie möglich zu überwinden. Je rascher die Rakete ihren Treibstoff beim Start verbrennt, desto leichter wird sie und desto mehr wird sie auch beschleunigt.
Deshalb verwendet man Stufenraketen wie die Ariane 5: Bei ihnen wird die treibstoffleere und somit nutzlose Stufe abgesprengt und die nächste gezündet. Auf diese Weise verringert sich das Gewicht der Rakete immer mehr. In der Praxis sieht das Ganze dann wie folgt aus: Wenn der Countdown bei "Null" ankommt, wird die Hauptstufe gezündet. Sieben Sekunden später zünden die Feststoffbooster und die Rakete hebt ab. Diese werden ca. zweieinhalb Minuten nach dem Start abgesprengt. Kurz darauf wird ebenfalls die Nutzlastverkleidung der Trägerrakete abgeworfen.
Mit der Zündung der Oberstufe wird schließlich die kyrogene Hauptstufe abgesprengt, sodass nur die Oberstufe von der Rakete zurückbleibt. Sie befördert die Nutzlast, beispielweise einen Galileo-Satelliten, nun zu seiner Laufbahn.
Bei Antriebsstoffen wird zwischen Fest- und Flüssigtreibstoffen unterschieden. Feststofftriebwerke sind die älteste Raketenantriebsform. Sowohl ihr Treibstoff als auch ihr Oxidator sind feste Stoffe – eingebettet in einer plastikähnlichen Trägersubstanz aus Kunststoff. Flüssigtreibstoffe können einerseits kyrogene, nicht lagerfähige Treibstoffe (z.B. Flüssigwasserstoff mit Flüssigsauerstoff, kommt in der zukünftigen Ariane 6 zum Einsatz) und andererseits lagerfähige Flüssigbrennstoffe (z.B. Hydrazin mit Stickstofftetroxid, verwendet bei der Ariane 5 EPS) sein.
Derzeit wird an Treibstoffen gearbeitet, die nicht nur effektiv und zuverlässig sind, sondern auch grün. Spitzenkandidat hierfür ist Methan. Eine Kombination aus Methan und LOX soll im Prometheus- Triebwerk zum Einsatz kommen, das zur Zeit bei der ArianeGroup in der Entwicklung ist.
Wie schon oben bei der Funktionsweise der Raketen beschrieben, kommt nicht die ganze Rakete im All an. Die Oberstufe hat jedoch die längste Reise und setzt schließlich den Satelliten auf seiner Laufbahn ab. Die anderen Komponenten wie die Booster oder die Hauptstufe werden auf dem Weg ins Weltall abgesprengt.
Von ausgebrannten Raketenstufen, kaputten Satelliten über Trümmerteile bis hin zu Lackpartikeln: Orbits um die Erde sind voll mit Weltraumschrott. Rasend schnell und sehr gefährlich für Raketen bewegt sich der "Schrott" in den Orbits: Mit mehreren tausend Kilometern pro Stunde wird selbst ein Aluminiumtrümmer mit einem Durchmesser von gerade mal einem Zentimeter zu einem zerstörerischen Geschoss. Wenn dieser Trümmer auf eine Rakete trifft, dann passiert in etwa das gleiche, als wenn ein Mittelklassewagen mit 50 km/h in die Rakete hineinfährt.
Eine andere Gefahr, der man im Weltraum begegnet, ist die allgemein als "Weltraumstrahlung" bezeichnete kosmische Strahlung. Man sieht sie nicht, man fühlt sie nicht, und doch kann sie gefährlich für das "Gehirn" der Rakete werden: Schaltkreise und Computerchips sind besonders empfindlich gegenüber Partikelschauern. Es handelt sich hier um eine hochenergetische Teilchenstrahlung: Diese wird, bis sie auf der Erdoberfläche ankommt, verändert, denn sie geht in der Hochatmosphäre zahlreiche Reaktionen mit Gasmolekülen und anderen Teilchen ein. Die Atmosphäre wirkt also wie ein riesiger Schutzschild, doch je weiter wir uns von der Erdoberfläche entfernen, desto mehr energiereiche Partikel aus dem Weltall treffen auf unseren Körper.
Für Raketen ist sie also durchaus ein Thema: Treffen Partikel zur falschen Zeit am falschen Ort ein, dann können sie ein Fehlsignal produzieren, welches im entscheidenden Teil des Programmablaufs schwerwiegende Folgen haben kann, beispielsweise den Absturz des Systems. Die wichtigen elektrischen Bauteile einer Rakete sind jedoch "doppelte Lottchen", so dass beim Ausfall für Ersatz gesorgt ist. Weiterhin schützt man das "Gehirn", indem man die elektrischen Geräte gut vor der Strahlung abschirmt.
Glücklicherweise sind diese Gefahren, der eine Rakete im Weltall begegnet, sehr klein: Da die Rakete nur relativ kurze Zeit operativ im Weltraum verweilt, ist das Risiko vernachlässigbar gering.
Für den Menschen gilt dies jedoch nicht, was besonders für Astronauten zum Problem werden könnte.
Im Rahmen einer Untersuchung der NASA über die Effekte der kosmischen Strahlung wurden die Auswirkungen jener hochenergetischen Strahlung auf Mäuse erforscht. Aus dem Experiment ging hervor, dass eine Strahlungsintensität, wie sie auf einer mehrjährigen Mars-Mission auftreten könnte, zu Leistungsabnahme, Gedächtnisdefiziten und Bewusstseinsverlust führen könnte.
Der Großteil einer Rakete gelangt nicht bis in den Weltraum, sondern fällt zurück zur Erde bzw. in das Meer: Booster, Hauptstufe und Verkleidung werden nicht zu Schrott im Weltraum. Die Oberstufe hingegen befördert sich nach der Separierung vom Satelliten in einen sogenannten Friedhofsorbit: 3.000 Kilometer über der Umlaufbahn des Satelliten stellt sie kein Problem mehr dar.
Damit die Erdumlaufbahnen aber auch künftig noch nutzbar sind, gilt für alle europäischen Raketen der Zukunft, wie der Ariane 6, das französische Raumfahrtgesetz: Es schreibt vor, dass nach einer Mission keine Teile der Rakete mehr im Weltraum zurückbleiben dürfen. So wird die Produktion von Weltraumschrott aktiv eingedämmt.
Größtes Hindernis der Raumfahrt ist wohl nach wie vor die Schwerkraft. Diese zu überwinden, ist vor allem noch sehr kostspielig: Derzeit gilt es, die Kosten für den Transport ins All zu senken. Für die Bundesregierung steht der konkrete Nutzen für die Menschen im Mittelpunkt ihrer Raumfahrtpolitik: Raumfahrttechnologien sollen weiterhin Antworten auf Herausforderungen wie Sicherheit, Klimaschutz oder Kommunikation geben. Eine klare Ausrichtung auf Nutzen und Bedarf, die Orientierung am Prinzip der Nachhaltigkeit und eine intensive internationale, vor allem europäische Zusammenarbeit sind dabei die Leitlinien der Bundesrepublik Deutschland.
ArianeGroup ist hier wichtiger Akteur: Wir garantieren die Zukunft des Zugangs zum Weltraum. Mit der Ariane 6 sichern wir die Zukunft mit einem preiswerten und vor allem unabhängigen Zugang ins All für Europa. Die Ariane 6 startet 2020 zu der Hälfte der Kosten wie die Ariane 5 und das bei gleicher Zuverlässigkeit.
Wohin geht die Reise für die Raumfahrt? Zunächst einmal zur Anpassungsfähigkeit: Ziel ist es, Trägerraketen zu entwickeln, die an den Nutzlastbedarf angepasst sind. So können verschiedenste Transportmissionen effizient durchgeführt werden.
Im Mittelpunkt steht ebenfalls die Entwicklung neuer Fertigungstechniken und -materialien. ArianeGroup arbeitet daran, recycelbare, also wiederverwendbare Technologien zu entwickeln. Ein großes Thema ist hier zum Beispiel ALM: Das 3D- Druckverfahren revolutioniert die Konstruktion und die Fertigung von Strukturbauteilen.
Die Problematik einer Reise zum Mars ist weniger in ihrer Entfernung begründet, sondern stellt sich vor allem durch den derzeit kostspieligen Transport in den Orbit dar. Mit der Entwicklung eines kostengünstigeren Weges in den Weltraum erschließen wir gleichzeitig Möglichkeiten für Reisen zu Mond und Mars.
Wieso wir überhaupt zum Mond und Mars reisen wollen? Es ist die menschliche Wissensgier, die Neugier, die die Forschung rund um Reisen zu Mond und Mars vorantreibt: das Sonnensystem und unseren Platz darin zu verstehen, Aufklärung zu ermöglichen.
Aktuelle Herausforderungen wie die Knappheit von Ressourcen, beispielsweise Energie, machen es zudem notwendig, nach alternativen Quellen zu forschen. Reisen in den Weltraum können kostbare Transferleistungen für das Leben auf der Erde erbringen und unsere Lebensqualität verbessern.
Mehr Raumfahrt auf einem Fleck geht nicht: Bremen macht vor allem seine Vielzahl an Disziplinen besonders. Von astronautischer Raumfahrt bei Airbus Defence & Space über Grundlagenforschung im Fallturm bis hin zur Entwicklung des Satelliten für das europäische Navigationssystem Galileo bei OHB Bremen vereint auf kleinstem Raum alle Bereiche der Raumfahrt. Dazu gehört ebenfalls die Ariane: Seit 39 Jahren, seit dem Jungfernflug der Ariane, entwickelt und baut Bremen Stufen der Trägerrakete, seit mehr als 20 Jahren mit der Oberstufe den wichtigsten Teil der Rakete. ArianeGroup Bremen entwickelt somit eine essentielle Komponente der Ariane: ohne Oberstufe keine Ablieferung der Satelliten im Orbit.
Sobald mit der Beschaffung des Rohmaterials für den Bau einer Ariane 5 begonnen wird, dauert es bis zum Start in Kourou circa drei Jahre. In diesem Zeitraum sind rund 600 Unternehmen in 13 europäischen Ländern damit beschäftigt, die Ariane startbereit zu machen.
Prinzipiell geht es bei Trägerraketen nicht darum, wie viele Kilometer sie zurücklegen können, sondern dass sie die Gravitationskraft überwinden. Dies passiert, sobald die Fluchtgeschwindigkeit überschritten wird: Bei der Fluchtgeschwindigkeit reicht die Energie eines Probekörpers, z.B. einer Rakete, gerade aus, um dem Gravitationspotential eines Himmelskörpers wie der Erde ohne weiteren Antrieb zu entkommen. Dann ist der zurücklegbare Weg unendlich, die Rakete "treibt" quasi endlos im All herum.
Die Ariane 5, Europas leistungsfähigste Rakete, hat eine Leistung von ca. 30 Millionen PS. Anders ausgedrückt: von Bremen nach München in gerade einmal 90 Sekunden.
Ihre Leistung wird jedoch stets von der Mission vorgegeben, also in welche Umlaufbahn der Satellit gebracht werden soll: Das Absetzen eines Satelliten in die geostationäre Umlaufbahn GEO verlangt eine andere Geschwindigkeit als das Absetzen in die erdnahe Umlaufbahn LEO. Somit geht es weniger um die Geschwindigkeit, die maximal möglich ist, sondern eher um die Geschwindigkeit, die für eine Mission notwendig ist.
Die Ariane-Familie ist ein Produkt deutsch-französischer Zusammenarbeit.
Das spiegelt sich auch in den Zulieferern der ArianeGroup wider: So sind zum Beispiel rund 60 deutsche Lieferanten am Bau der Oberstufe der Ariane 5 ESC-A beteiligt. Von Strukturen über Tanks bis hin zu Leitungen, Steckern oder Klebstoff, deutsche Unternehmen liefern verschiedenste Teile, die essentiell für die Ariane sind.
Darüber hinaus ist beispielsweise MT Aerospace wichtiger Partner für die Ariane: Das Unternehmen mit Sitz in Augsburg liefert über die Bremer Dependance den Tank für die Oberstufe der Ariane 6.
Doch die Ariane stammt nicht nur aus deutsch-französischer Hand, sondern ist europäisch geprägt: Elemente des Liquid Propulsion System kommen aus Italien, Rumänien ist Lieferant für Teile des Upper Liquid Propulsion Module Tanks, Komponenten für die Verkleidung der Ariane stammen aus der Schweiz. Insgesamt sind 600 Unternehmen aus 13 europäischen Ländern am Bau einer Ariane beteiligt.
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