Wissenschaft persönlich: Dr. Lara Stuthmann

Wissenschaftlerin steht vor Aquarien und hält Korallen in der Hand
Dr. Lara Stuthmann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) und beschäftigt sich dort mit experimenteller Aquakultur und Algenphysiologie. In ihrem aktuellen Forschungsprojekt widmet sie sich der Kultur und Nutzung von Meeresalgen als Nahrungsmittel.

© WFB/Jan Rathke

Bremens Wissenschaft ist exzellent! Und daran haben natürlich die vielen schlauen Köpfe, die sich in den Laboren und den Hörsälen tummeln, erheblichen Anteil. Wer steckt hinter dem Erfolg der Bremer Wissenschaft? In unserer Porträt-Reihe Wissenschaft persönlich stellen sich Wissenschaftler:innen und Wissenschaftskommunikator:innen regelmäßig unseren Fragen und verraten, was sie an ihrer Arbeit lieben und warum der Standort Bremen für sie genau der richtige ist.

Im Mai stand uns Dr. Lara Stuthmann Rede und Antwort: Sie ist Post-Doc am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung und beschäftigt sich dort mit experimenteller Aquakultur und Algenphysiologie. Was Dr. Stuthmann an ihrer Arbeit besonders begeistert und warum sie an ihrem Freimarkt-Stand sogenanntes Meeresgemüse anbieten würde, verrät sie hier bei „Wissenschaft persönlich“:

  • Was wären Sie geworden, wenn Sie nicht Wissenschaftlerin geworden wären?

Als Kind wollte ich gerne Meeresbiologin oder Archäologin werden. Mein Schulpraktikum habe ich dann bei der Biologischen Anstalt Helgoland verbracht, spätestens ab dem Zeitpunkt war mir klar, dass ich in den Naturwissenschaften zuhause bin.

  • Wann finden Sie Ihren Job klasse? Welche Momente sorgen für Begeisterung?

Ich finde es total spannend, die Geheimnisse der Natur zu lüften. Mich fasziniert es, in ein Thema einzutauchen, eigene Forschungsfragen zu stellen, Experimente oder Studien zu entwickeln und schließlich den gemessenen Daten spannende Antworten zu entlocken. Am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) beschäftigen wir uns unter anderem mit der nachhaltigen Nutzung mariner Ressourcen in den Tropen. Ich kann deshalb häufig an sehr angewandten Themen arbeiten. Mich spornt es besonders an, wenn Forschungsergebnisse dann auch eine praktische Anwendung finden. Zurzeit arbeite ich gerade mit dem Schullabor der Chemie an der Uni Bremen zusammen. Gemeinsam bringen wir Schüler:innen die Nutzung von Algen als Lebensmittel näher. Die Begeisterung und Faszination, wenn junge Menschen das erste Mal durch ein Mikroskop schauen, ist einfach toll.

  • Stellen Sie sich vor, Sie hätten auf dem Freimarkt einen Stand und müssten nun den Besuchern erklären, an was Sie gerade arbeiten – wie sähe Ihr Stand aus?

Ich beschäftige mich mit essbaren Meeresalgen – sogenanntem Meeresgemüse. Meeresgemüse hat bereits einen festen Platz auf den Speiseplänen vieler Menschen, beispielsweise in Asien. In Deutschland ist es noch nicht sehr verbreitet, obwohl es eine nachhaltige Ergänzung auf unserem Teller sein könnte. Ich würde an meinem Stand viele verschiedene Algenprodukte zum Probieren anbieten und ein großes Aquarium mit schönen Meeresalgen aufstellen. Während sich die Besucher:innen durch die Algenprodukte testen, können wir dann über das Potential dieser faszinierenden Organismen sprechen und uns mit den Besucher:innen über ihre persönlichen Erfahrungen mit Algen austauschen.

  • Welche gesellschaftliche Bedeutung hat Ihre Arbeit und worin besteht der Nutzen?

Meeresgemüse enthält wichtige Nährstoffe wie etwa essentielle Mineralien, Spurenelemente und Vitamine. Meeresalgen generieren ihre Energie durch Photosynthese und nehmen Nährstoffe aus dem Meerwasser auf. Darum haben sie ein großes Potential als nachhaltige Nahrungsquelle für uns. Die Meere und Ozeane könnten in Zukunft, insbesondere in Zeiten des Klimawandels, eine wesentlich größere Rolle bei der Sicherstellung der menschlichen Ernährung spielen. Dabei ist es ungemein wichtig, marine Ressourcen nachhaltig zu nutzen. Deshalb versuche ich auch herauszufinden, wie wir Meeresalgen kultivieren können, ohne dabei das Meer zusätzlich zu belasten.

  • Wann sprechen Sie bei Ihrer Arbeit von Fortschritt? Oder anders gefragt: Womit retten Sie die Welt?

In meiner persönlichen Arbeit spreche ich von Fortschritt, wenn ich eine wissenschaftliche Fragestellung beantworten kann und somit unser kollektives Wissen erweitere. Allerdings bin ich mir sehr sicher, dass ich alleine damit nicht die Welt retten kann – dafür braucht es uns alle. In meinem derzeitigen Projekt bringe ich Schüler:innen Meergemüse als Nahrungsquelle näher. Für mich ist diese Art der Wissenskommunikation essentieller Bestandteil meiner Arbeit: Ich möchte junge Menschen informieren und ermutigen wissenschaftlich zu denken. Damit versetze ich sie in die Lage, informierte Entscheidungen, beispielsweise in Bezug auf ihre Ernährung, treffen zu können.

  • Verraten Sie uns Ihr liebstes Arbeitsinstrument oder Ihre wichtigste Forschungsmethode?

Bei der Feldarbeit ist die Taucherbrille immer dabei, nur so kann ich die Algen in ihrer natürlichen Umgebung genau beobachten. Aber auch eine Sonde zur Messung der Temperatur, des pH-Wertes, Salzgehaltes etc. darf nicht fehlen.

  • Wann und warum führte Sie Ihr Weg nach Bremen? Und woher kamen Sie?

IIch bin in Bremen aufgewachsen. Für mein Bachelor-Studium hat es mich noch weiter in den Norden an die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel verschlagen. Allerdings bin ich wieder nach Bremen zurückgekommen, um am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) meinen Master und anschließend meinen Doktor zu absolvieren, denn die Ausrichtung des ZMT auf tropische Küstengebiete ist in Deutschland einzigartig.

  • Was schätzen Sie am Land Bremen als Wissenschaftsstandort? Was hält Sie hier?

Das Land Bremen ist ein Zentrum für die Meereswissenschaften. Ich finde es faszinierend, mich mit Kolleg:innen der verschiedenen Institute, Hochschulen und Universitäten auszutauschen, die das Meer aus so vielen verschiedenen Perspektiven erkunden. Außerdem ist es einfach schön durch die Weser und die Nähe zur Nordsee auch privat viel Zeit am oder im Wasser verbringen zu können.

  • Fehlt Ihnen etwas?

An der ein oder anderen Stelle gerne mehr Platz zum Radfahren und für Fußgänger:innen – wobei da in den letzten Jahren meiner Ansicht nach wirklich viel in Bremen passiert ist.

  • Die Wege in Bremen und Bremerhaven sind bekanntlich kurz. Wie bewegen Sie sich durch die Stadt?

Am liebsten mit dem Fahrrad, wenn ich Zeit habe dann auch zu Fuß oder mit den Öffis. Bei großen Besorgungen ist in Bremen ja glücklicherweise das Car-Sharing-Angebot sehr gut.

  • Wenn Sie die Wissenschaftsszene im Land Bremen mit einem Tier vergleichen sollten, welches würden Sie wählen und warum?

Mit einer Giraffe, die immer versucht mit langem Hals in die noch unerforschten Bereiche zu blicken. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass die langen Beine beim Wattwandern in der Nordsee nur von Vorteil sein können.

  • Was war die größte Herausforderung Ihrer wissenschaftlichen/beruflichen Laufbahn, die Sie zu meistern hatten?

Ich habe für meine Masterarbeit einige Zeit in Panama verbracht, um die Fischgemeinschaften in den Mangroven zu erforschen. Ich konnte zu Beginn nicht gut Spanisch sprechen und war sehr auf mich selbst gestellt. Letztendlich habe ich aber so viele tolle Menschen kennengelernt und die Erfahrung gemacht, dass es manchmal gar keiner gemeinsamen Sprache bedarf, um sich zu verstehen. Die Möglichkeit, mich in einem diversen Forschungsumfeld zu bewegen und verschiedene Perspektiven einzunehmen und eine gemeinsame Sprache zu finden, z.B. auch zwischen unterschiedlichen Disziplinen, ist immer noch etwas, was ich sehr an meiner Arbeit schätze, was aber auch herausfordernd sein kann.

  • Welche stehen Ihnen noch bevor?

Ich arbeite sehr gerne in der Wissenschaft, allerdings ist diese Karriere mit einer großen Planungsunsicherheit und starker Konkurrenz verbunden. Diese Unsicherheiten nehme ich persönlich als große Herausforderung wahr.

  • Haben Sie eine persönliche Erfolgsformel?

Nein, eine Erfolgsformel habe ich nicht. Allerdings versuche ich immer wieder neu zu reflektieren, was ich als persönlichen Erfolg verbuche. Ich habe festgestellt, dass es sonst leicht passieren kann, an eigenen Ansprüchen zu scheitern.

  • Aus welchem Scheitern haben Sie am meisten gelernt?

Im Englisch-Unterricht in der Schule wurde ich manchmal aufgefordert, Dinge lieber auf Deutsch zu sagen, weil mein Englisch so unverständlich war. Ich war lange Zeit überzeugt, dass daran mein Wunsch scheitern würde, in der Wissenschaft zu arbeiten, in der vor allem Englisch gesprochen wird. Heute bin ich erleichtert, dass ich damals das Privileg und den Mut hatte, mich der Angst zu stellen und im englischsprachigen Ausland ein Praktikum zu absolvieren.

  • Wobei oder wodurch wird Ihr Kopf wieder frei?

Beim Spaziergehen oder Joggen an der Weser, beim Kochen, beim Verreisen und wenn ich Zeit habe gerne auch mal bei einem Computerspiel.

  • Der/Die nächste Nachwuchswissenschaftler/in zieht nach Bremen. Was würden Sie ihm/ihr raten, wo er/sie wohnen und abends weggehen soll?

Es gibt so viele schöne Ecken in Bremen! Es gibt in Bremen meiner Erfahrung nach eine gut vernetzte und internationale Community von jungen Menschen. Als ich wieder neu nach Bremen gezogen bin, habe ich in den sozialen Medien viele Gruppen gefunden, die gemeinsame Aktivitäten und entspannte Treffen organisiert haben. Ich kann mir vorstellen, dass es so gut möglich ist, die verschiedenen Stadtteile und Locations bestens kennen zu lernen.

  • Mit wem würden Sie ihn/sie hier in Bremen oder Bremerhaven bekannt machen wollen?

Mit den Eseln im Bürgerpark, ich besuche die Tiere gerne bei einem Spaziergang, das ist eine schöne Ablenkung vom Alltag.

  • Wenn Sie einen Tag lang Ihr Leben mit einer/m Bremer/in oder Bremerhavener/in tauschen könnten, wessen Leben würden Sie wählen?

Bremerhaven ist, wie der Name schon sagt, ein wichtiger Hafen und ich würde gerne mal einen Tag auf einem der sogenannten „Riesenpötte“ verbingen, die hier anlegen. Mein Großvater war Kapitän bei Hapag-Lloyd, und ich frage mich oft, wie die Arbeit in der Seefahrt wohl ist.

Portrait vonm lächelnder Wissenschaftlerin mit Brille und offenen Haaren

© WFB/Jan Rathke

Geburtsjahr

1991

Fachbereich / Forschungsfeld

Experimentelle Aquakultur, Algenphysiologie

Aktuelle Position / Funktion

Wissenschaftliche Mitarbeiterin/ Post-Doc

Aktuelle Tätigkeit / aktuelles Forschungsprojekt

Kultur und Nutzung von Meeresalgen als Nahrungsmittel

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