© WFB/Jonas Ginter
Bremens Wissenschaft ist exzellent! Und daran haben natürlich die vielen schlauen Köpfe, die sich in den Laboren und den Hörsälen tummeln, erheblichen Anteil. Wer steckt hinter dem Erfolg der Bremer Wissenschaft? In unserer Porträt-Reihe Wissenschaft persönlich stellen sich Wissenschaftler:innen und Wissenschaftskommunikator:innen regelmäßig unseren Fragen – und verraten, was sie an ihrer Arbeit lieben und warum der Standort Bremen für sie genau der richtige ist.
Im Juli steht uns Dr. Denise Müller-Dum, promovierte Geowissenschaftlerin, Wissenschaftskommunikatorin bei der awk/jk und Buchautorin, Rede und Antwort. Ihr aktuelles Buchprojekt "Das Lichtdurcheinander", ein Kinderbuch über Lichtverschmutzung, erschien im Juli im Kellner Verlag. Im Interview verrät sie uns, wie Wissenschaft dem Anspruch gerecht werden kann, dem gesellschaftlichen Wohl zu dienen, wann man bei ihrer Arbeit von Fortschritt sprechen kann und mit welchem Tier sie die Wissenschaftsszene im Land Bremen vergleichen würde:
Eigentlich bin ich von Beruf alles geworden, was ich jemals werden wollte: Journalistin, Forscherin, Buchautorin. Wenn ich jetzt sagen sollte, was ich mir außerdem noch vorstellen könnte, wäre ich all das nicht geworden – dann würde ich sagen, auf einer Farm zu arbeiten. Auch medizinische Berufe finde ich reizvoll, aber das ist natürlich wieder etwas völlig anderes. Ich finde einfach viele Tätigkeitsfelder spannend – ich glaube, deshalb passt mein aktueller Job auch so gut zu mir.
Da gibt es viele Momente: Wenn ich ein neues Thema so durchdrungen habe, dass ich es selbst in Worte fassen kann. Wenn ein:e Wissenschaftler:in zufrieden ist damit, wie ich ihre oder seine Forschung dargestellt habe. Umgekehrt, wenn ein Beitrag viel rezipiert wird und gute Rückmeldung erhält. Wenn ein Thema, das mir am Herzen liegt, viel Aufmerksamkeit erhält. Ich liebe auch einfach fertige Produkte: ein Text, der gut zu lesen ist, oder ein Filmclip, der informativ und schön anzusehen ist.
Ich glaube, ich würde an meinem Stand drei Lostöpfe aufstellen: Aus einem zieht man ein Thema, aus dem zweiten eine Zielgruppe und aus dem dritten ein Format, also Podcast, Print, Film oder so. Und dann muss man einen Vorschlag machen, wie man die drei am besten zusammenbringt. In der Realität arbeite ich natürlich anders: Aus dem Thema und der Zielgruppe ergibt sich meist das Format und ist nicht, wie bei diesem imaginären Freimarkt-Stand, vollkommen zufällig.
Die meisten Menschen sind einverstanden mit der Aussage, dass Wissenschaft dem Wohl der Gesellschaft dienen sollte. Doch wie kann sie das, wenn sie sich von der Gesellschaft abschottet? Wissenschaftliche Inhalte zu erklären, auf die Agenda zu setzen, in Kontexte einzuordnen, und Verbindungen zwischen Wissenschaftler:innen und anderen Teilen der Gesellschaft herzustellen, ist für die Aufgabe der Wissenschaft wichtig. Denn nur so kann sie dem Anspruch gerecht werden, dem gesellschaftlichen Wohl zu dienen.
Wissenschaftskommunikation ist wie gesagt ein wichtiger Weg, Ideen Raum zu geben und Themen auf die Agenda zu setzen. Insofern ist jede kommunizierte Forschung in gewisser Weise ein Fortschritt. Ich denke aber auch an die Frage, wann Wissenschaftskommunikation selbst, sozusagen als eigene Disziplin, Fortschritte macht. Und da fällt mir auf, dass dies oft dann geschieht, wenn sie sich selbst hinterfragt und ihre eigenen Defizite erkennt. Beispielsweise inwiefern wir bestimmte Deutungen vorgeben, ob sich alle gesellschaftlichen Gruppen ausreichend angesprochen und repräsentiert fühlen, oder ob unsere Ansprache zeitgemäß ist. Der Fortschritt muss sich dann natürlich daran messen lassen, inwiefern wir der Erkenntnis eines Defizits auch Taten folgen lassen. Ohne Wandlungsfähigkeit und Bereitschaft zur Veränderung gibt es keinen Fortschritt, nicht in der Wissenschaft und nicht in der Wissenschaftskommunikation.
So langweilig das klingt: Mein Laptop! Ich schreibe einfach sehr viel und das kann ich am besten am Computer.
Ich bin 2006 aus Darmstadt zum Journalistikstudium nach Bremen gezogen. Dieses Studium habe ich zwar nach einem Jahr abgebrochen, bin aber in der Hansestadt geblieben und habe Physik und Philosophie studiert.
Als Umweltphysikerin gibt es für mich natürlich hier viele interessante Institute, die sich dem Themenkreis Atmosphäre – Ozeane – Klimawandel widmen. Als ich selbst am Institut für Umweltphysik der Uni Bremen geforscht habe, konnte ich mit einigen dieser Institute kooperieren. Das hat mir viele Perspektiven eröffnet.
Dadurch, dass der Campus recht weit außerhalb liegt, gibt es nicht so eine urige „Campuskultur“ wie in anderen Universitätsstädten.
Fast ausschließlich mit dem Fahrrad oder, wenn ich meine beiden Kinder dabei habe, mit dem E-Lastenrad.
Natürlich mit meinem Kinderbuchhelden Mats Möwe: Er sucht nicht den ganz großen Auftritt, meldet sich aber zu Wort, wenn die Sache es erfordert – und hat Spaß dabei.
Die Planung und Durchführung meiner Messkampagnen in Südostasien waren mit einigen Herausforderungen verbunden.
Ich gehe davon aus, dass da noch einige kommen werden. Sonst wäre es ja langweilig!
Wäre das nicht verrückt, wenn es dafür eine Formel gäbe? Ich zumindest kenne keine. Ich habe aber gelernt, dass man Erfolg haben kann, wenn man sich etwas zutraut und trotzdem sorgfältig arbeitet. Und man braucht Glück und Unterstützung von anderen.
Ein der Redaktion nicht zusagender Text, ein abgelehntes Paper, ein zurückgewiesener Forschungsantrag, ein misslungenes Experiment, ein vom Verlag abgelehntes Buchexposé oder ein entgangener Auftrag waren und sind in meinem Beruf alltägliche Formen des Scheiterns. Meist gibt es dabei etwas zu lernen: Vielleicht war der Forschungsantrag oder das Exposé doch nicht so ausgereift? Möglicherweise habe ich bei meiner Studie einen wichtigen Aspekt außer Acht gelassen? Genau deshalb haben wir ja verschiedene Kontrollmechanismen in der Wissenschaft, aber auch in Redaktionen. Und auch wenn es sich dann erst einmal nach Scheitern anfühlt, ist es doch ein Zeichen, dass diese Kontrollmechanismen funktionieren.
Alles, was draußen stattfindet: Wandern, reiten, Stand-Up-Paddling.
Ich mag die Atmosphäre in der Neustadt, wo ich lange gewohnt habe. Die urbanen Cafés, individualistischen Geschäfte, Unverpackt-Läden und hübschen Straßen zusammen mit den Grünanlagen machen den Stadtteil einfach total lebenswert – und Ausgehen kann man dort auch.
Mit Jens Kube, dem Inhaber von awk/jk, und anderen Kolleg:innen aus dem Bereich Wissenschaftskommunikation – Forschende und Kommunikator:innen sollten sich einfach kennen. Außerdem kenne ich viele sehr engagierte Wissenschaftler:innen und Künstler:innen in Bremen, mit denen ich zugezogene Gleichgesinnte gerne bekannt machen würde.
Das geht zurück zu der Frage, welche Berufe ich mir vorstellen könnte – vielleicht könnte ich mal bei der Spargelernte helfen oder in einem Krankenwagen mitfahren.
© WFB/Jonas Ginter
Geburtsjahr
1986
Fachbereich / Forschungsfeld
Physik/Geowissenschaften
Aktuelle Position / Funktion
Redakteurin für Wissenschaftskommunikation bei awk/jk und freie Buchautorin
Aktuelle Tätigkeit / aktuelles Forschungsprojekt
Wechselnde Aufträge in der Agentur; aktuelles Buchprojekt: „Das Lichtdurcheinander“, ein Kinderbuch über Lichtverschmutzung, Kellner Verlag, erscheint im Juli 2022.
Familienstand
verheiratet, 2 Kinder
© WFB/Jonas Ginter
© WFB / Jens Lehmkühler
© WFB / terra-air-services
© Universität Bremen