Wissenschaft persönlich: Prof. Dr.-Ing. Benjamin Wagner vom Berg

Ein Mann sitzt vor einem Computer
Prof. Dr.-Ing. Benjamin Wagner vom Berg ist Professor für IuK-Technologien in der außerbetrieblichen Logistik und Leiter des Smart Mobility Institutes an der Hochschule Bremerhaven. Sein aktuelles Forschungsprojekt beschäftigt sich mit Green Delivery Analytics.

© WFB/Jan Rathke

Bremens Wissenschaft ist exzellent! Und daran haben natürlich die vielen schlauen Köpfe, die sich in den Laboren und den Hörsälen tummeln, erheblichen Anteil. Wer steckt hinter dem Erfolg der Bremer Wissenschaft? In unserer Porträt-Reihe Wissenschaft persönlich stellen sich Wissenschaftler:innen und Wissenschaftskommunikator:innen regelmäßig unseren Fragen und verraten, was sie an ihrer Arbeit lieben und warum der Standort Bremen für sie genau der richtige ist.

Im September stand uns Prof. Dr.-Ing. Benjamin Wagner vom Berg Rede und Antwort: Er leitet das Smart Mobility Institute (SMI) und ist Professor für IuK-Technologien in der außerbetriblichen Logistik an der Hochschule Bremerhaven. Was Dr.-Ing. Wagner vom Berg besonders an seiner Arbeit begeistert, verät er bei „Wissenschaft persönlich":

  • Was wären Sie geworden, wenn Sie nicht Wissenschaftler bzw. Wissenschaftskommunikator geworden wären?

Eine schwierige Frage. Nach dem Abitur sollte eigentlich der Zivildienst auf einem Bio-Bauernhof folgen, den ich aber aufgrund eines lebensverändernden Unfalls nicht antreten konnte. Vielleicht hätte ich sonst in die Landwirtschaft eingeheiratet.
Ansonsten gab es auf dem Weg zum Wissenschaftler viele Stationen und Abzweigungen, so dass vieles denkbar gewesen wäre. Da wo ich jetzt bin, bin ich in doppelter Weise berufen.

  • Wann finden Sie Ihren Job klasse? Welche Momente sorgen für Begeisterung?

In der Lehre, wenn Studierende von einem Thema oder einer Aufgabenstellung wirklich gepackt werden und sich darin unabhängig von vorgesehenem Arbeitsaufwand vertiefen und engagieren.
In der Forschung, wenn wir Mittelgeber/Partner von eigenen Ideen überzeugen und dann erfolgreich umsetzen können.

  • Stellen Sie sich vor, Sie hätten auf dem Freimarkt einen Stand und müssten nun den Besucher:innen erklären, an was Sie gerade arbeiten – wie sähe Ihr Stand aus?

Einen solchen Stand gab es tatsächlich schon einmal auf dem Wochenmarkt in Bremerhaven im Rahmen des Projekts „NaCl – Nachhaltige Crowdlogistik“. Vor dem Stand hatten wir ein Lastenfahrrad und Pakete drapiert.
Dieser Stand würde zu dem aktuellen Projekt „GDA – Green Delivery Analytics“ wieder sehr gut passen und wir könnten hier etwas zu unserer Arbeit an einer smarten und emissionsfreien Zustellung in den Städten der Zukunft erzählen.

  • Welche gesellschaftliche Bedeutung hat Ihre Arbeit und worin besteht der Nutzen?

​​​​​​​Zunächst ist die Ausbildung und Kommunikation mit jungen Menschen ein besonderes Privileg in unserem Berufsstand, das einen großen Nutzen stiften kann.
Am SMI beschäftigen wir uns in der Forschung mit allen Fragestellungen in der Schnittmenge von Mobilität und Nachhaltigkeit und damit zusammenhängenden (digitalen) Lösungen. Dabei werden trotz Primat der ökologischen Dimension (insb. Klimawandel) auch die soziale und die wirtschaftliche Dimension der Nachhaltigkeit berücksichtigt. In diesem Sinne versuchen wir Lösungsansätze zu finden, die meist der Dekarbonisierung des Verkehrs Rechnung tragen, aber gleichzeitig die Anforderungen von Unternehmen und Gesellschaft berücksichtigen und somit Akzeptanz finden. Diese Lösungen sollen damit praktikabel sein und werden im besten Fall tatsächlich sehr zeitnah von den entsprechenden Stakeholdern adoptiert.

  • Wann sprechen Sie bei Ihrer Arbeit von Fortschritt? Oder anders gefragt: Womit retten Sie die Welt?

​​​​​​​Fortschritt sehen wir dann konkret, wenn unsere erarbeiteten Konzepte in die (wirtschaftliche) Praxis übernommen oder in der Politik umgesetzt werden. Nur dort können Sie wirklich etwas bewirken. Insofern beschränkt sich der Beitrag zur Weltrettung auf das erarbeiten und das Angebot von Lösungen in einem eingegrenzten Bereich (Mobilität).

  • Verraten Sie uns Ihr liebstes Arbeitsinstrument oder Ihre wichtigste Forschungsmethode?

​​​​​​​Der Forschungsansatz der Design Science ist für mich eine sehr schöner Forschungsrahmen, da er die Schaffung von kreativen Lösungen zulässt und gleichzeitig konkrete Artefakte und Konzepte schafft, die mit Erfüllung der Kriterien Rigor und Relevanz sowohl eine wissenschaftliche als auch eine praktische Fundierung erhalten.

  • Wann und warum führte Sie Ihr Weg nach Bremerhaven? Und woher kamen Sie?

​​​​​​​Ich kam 2017 an die Hochschule Bremerhaven. Eine wesentliche Motivation war tatsächlich die familiäre Bindung in der norddeutschen Tiefebene und daher eine Professur in der Nähe zu finden.
Ich kam von der CvO Universität Oldenburg, wo ich mich seit 2009 in der Abteilung Wirtschaftsinformatik (VLBA) vertieft mit dem Thema nachhaltiger Mobilitätslösungen beschäftigte und damit einen neuen Forschungszweig in der Abteilung aufgebaut hatte. Die in Bremerhaven ausgeschriebene Professur passte damals daher auch thematisch sehr gut und ich konnte meine Forschungsthemen nahezu nahtlos mit kleiner Justierung in Richtung Wirtschaftsverkehre weiterführen.

  • Was schätzen Sie am Land Bremen als Wissenschaftsstandort? Was hält Sie hier?

Neben der geographischen Lage hält mich an der Hochschule Bremerhaven zunächst das familiäre und wertschätzende Miteinander sowie auch die vielfältigen Verbindungen zu den Akteuren in Bremerhaven und Bremen. Ich habe so ein wunderbares Netzwerk erhalten und konnte mich mit viel Freiheit auf verschiedenen Gestaltungsebenen einbringen.
Das Land Bremen unternimmt nach meiner Wahrnehmung zudem mehr Anstrengungen als manch andere Bundesländer, dem Klimawandel konkret entgegenzuwirken. Ein zentrales Beispiel hierfür ist die Bremer Klimaenquetekommission, die konkrete Ziele und Maßnahmen für die Dekarbonisierung in allen Sektoren erarbeitet hat und deren Teil ich als einer von neun Fachexpert:Innen sein durfte.​​​​​​​

  • Fehlt Ihnen etwas?

Promotionsrecht.

  • Die Wege in Bremen und Bremerhaven sind bekanntlich kurz. Wie bewegen Sie sich durch die Stadt?

Innerhalb von Bremerhaven sind die Wege tatsächlich kurz, daher kann ich die Distanzen meist mit meinem (handgetriebenen) Rollstuhl gut überbrücken. Für längere Distanzen nutze ich mein Elektroauto.

  • Wenn Sie die Wissenschaftsszene im Land Bremen mit einem Tier vergleichen sollten, welches würden Sie wählen und warum?

​​​​​​​In Anlehnung an die Bremer Stadtmusikanten mit einer Katze. Intelligent aber zurückhaltend.

  • Was war die größte Herausforderung Ihrer wissenschaftlichen/beruflichen Laufbahn, die Sie zu meistern hatten?

Meine Promotion hat mich seinerzeit sehr eingenommen und geformt.

  • Welche stehen Ihnen noch bevor?

​​​​​​​Das wird die Zukunft zeigen.

  • Haben Sie eine persönliche Erfolgsformel?

Take it sporty.

  • Aus welchem Scheitern haben Sie am meisten gelernt?

​​​​​​​Ich würde aus heutiger Perspektive nicht mehr von Scheitern sprechen, aber seinerzeit habe ich eine Universitätsprofessur anvisiert, bin aber an der Hochschule gelandet. Das habe ich damals als großes Scheitern empfunden. Heute weiß ich, dass auch an der Hochschule ein großer Entfaltungsraum mit vielleicht sogar mehr Freiheiten besteht und ich bin für die bisherigen Erfahrungen an der Hochschule Bremerhaven sehr dankbar. Hier habe ich tatsächlich erneut Vertrauen in das eigene Schicksal gelernt.

  • Wobei oder wodurch wird Ihr Kopf wieder frei?

​​​​​​​Urlaub, Zeit mit der Familie, in der Natur.

  • Die nächsten Nachwuchswissenschaftler:innen zieht nach Bremerhaven. Was würden Sie ihnen raten, wo man wohnen und abends weggehen soll?

​​​​​​​Als ich nach Bremerhaven kam, war ich schon relativ alt und verheiratet. Von daher kann ich dem Nachwuchs hier wenig interessante Tipps geben. In Bremen war ich früher gerne auf Konzerten im Tower oder auf der MS Treue.

  • Mit wem würden Sie diese Wissenschaftler:innen hier in Bremen oder Bremerhaven bekannt machen wollen?

Zunächst mit Studierenden und Wissenschaftler:Innen am Institut und an der Hochschule.

  • Wenn Sie einen Tag lang Ihr Leben mit einer Bremer oder Bremerhavener Persönlichkeit tauschen könnten, wessen Leben würden Sie wählen?

Friedrich Busse, Begründer der Hochseefischerei. Ich stelle mir die damalige Pionierzeit als aufregend und Raum grenzenloser Möglichkeiten insbesondere auf dem Hintergrund der Seefahrt vor. Die Zeiten damals waren noch relativ unbeschwert von dem heutigen Wissen, um die negativen Folgen unseres menschlichen Handelns hinsichtlich Klima oder Biodiversität. Dies war für damalige Generationen ein Segen, der sich für unsere heutige Generation als Fluch herausstellt.
Ich würde mir eine zukünftige Gestaltungswelt wünschen, die wieder ähnliche grenzenlose Möglichkeiten beinhaltet, jedoch auf Basis unseres heutigen Wissens mit entsprechenden Technologien und Handlungsweisen den Erhalt unseres Planeten mit seiner einzigartigen Flora und Fauna, langfristige wirtschaftliche Prosperität sowie inter- und intragenerationelle Gerechtigkeit fokussiert.​​​​​​​

Ein Mann mit Brille lacht

© WFB/Jan Rathke

Geburtsjahr

1974

Familienstand

verheiratet, 1 Kind

Fachbereich / Forschungsfeld

Fachbreich 2, Logistik

Aktuelle Position / Funktion

Professor für IuK-Technologien in der außerbetrieblichen Logistik, Leitung Smart Mobility Institute

Aktuelle Tätigkeit / aktuelles Forschungsprojekt

Lehre in Studiengängen TWL, LEM, BWL, GIF / Aktuelles Forschungsprojekt: GDA – Green Delivery Analytics

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